Das Thema Tod ist gerade in der dunklen Jahreszeit und im November mit seinen vielen Gedenktagen präsent. Auch in den Träumen kommen häufig sterbende Menschen, tote Angehörige oder gar Kinder vor. Das ist für die Träumerinnen und Träumer, die sich noch nie mit solchen Träumen befasst haben, sehr beunruhigend oder gar mit starken Verunsicherungen und Ängsten verbunden. Die Bedeutungen so krasser Bilder können sehr unterschiedlich, vielschichtig und häufig sogar überraschend positiv sein.
Der Tod im Traum
Es ist natürlich immer gut, einen nahestehenden Menschen, dem es in deinem Traum nicht gut geht, im Wachleben direkt nach seinem Befinden zu fragen. Da möchte ich immer ein Gespräch empfehlen, soweit das möglich ist. Meine Erfahrung ist, dass sich diese Menschen meistens bester Gesundheit erfreuen und die Traumbedeutung daher in eine ganz andere Richtung geht.
In Anjas Traum erscheint ein ihr unbekannter toter Mann, der eine auffällige Brille trägt. Er verfolgt sie die ganze Zeit, eher dezent, aber unablässig. Letztendlich fasst er Anja im Traum an die Schultern, blickt ihr tief in die Augen und fordert sie auf, seine Brille wahrzunehmen. Er unterstellt ihr sogar, dass ihr die Brille gefallen würde.
Anjas Umgang mit dem Tod
Um diesen Traum zu verstehen, ist es wichtig, einiges von Anja zu erfahren. Und zusätzlich muss man, wie so oft für das Traumverständnis, ein wenig um die Ecke denken.
Anja hat keine Angst vor dem Thema, auch den Tod ihrer Oma vor einigen Jahren hat sie gut verarbeitet. Trotzdem beunruhigt sie der bedrängende tote Mann im Traum. Real geht es Anja gerade nicht gut. Es gibt mehrere wichtige Lebensbereiche, die im Umbruch sind, in denen sie nicht in Balance ist und gerade nicht so recht weiterweiß.
Wenn du meine Haltung zu Träumen schon ein wenig kennst, so ist dir auch mein gebetsmühlenartig wiederholter Spruch vertraut, dass Träume konstruktive Botschaften vermitteln. Nun wirst du dich fragen, wie ein toter Mann mit Brille Anja helfen kann, mit ihrer Umbruchsituation besser zurechtzukommen.
Der Blick durch die Brille des Toten
Anja hat offenbar im Moment keine Lösung für ihre Probleme. Der Tote im Traum zwingt sie, ihn direkt anzuschauen. Er versucht ihr zu vermitteln, dass ein Blick durch seine Brille ihr gefallen könnte. – Dies erinnert an den weisen Rat, Dinge, in denen du nicht weiterkommst, mal „vom Ende her“ zu betrachten. So wäre der Blick auf das eigene Tun aus der Perspektive eines erfüllten und beendeten Lebens (ein Blick durch die Brille des Toten) ein Extrem dieses Rats, aber auch ein durchaus hilfreicher.
Ich denke da gerade auch an das Buch von Irvin D. Yalom „In die Sonne schauen“, in dem der begnadete Autor sehr bildhafte Beispiele aus seiner Psychotherapiepraxis genau zu diesem Thema offenbart.
Anja, noch sehr jung an Jahren, hat eine reife Haltung zum Tod. Der Traum mutet ihr offenbar zu, mit dieser Haltung ihre Lebensbereiche anzuschauen, in denen sie sich derzeit in einer Sackgasse befindet. Im weiteren Traumverlauf zeigte sich, dass dies wirklich ein Weg zu mehr Erfüllung und Lebendigkeit für sie sein kann.
Träume halten konstruktive Botschaften für uns bereit. Auch Träume zum Tod und Sterben können sehr hilfreich sein.
Wie geht es dir damit? Verunsichern dich solche Träume oder vertraust du ihrem Potenzial?
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