Warum Traumkundige so viele Fragen stellen

„Ich fühle mich wie beim Verhör!“

Das war eine für mich recht schockierende Aussage einer Trauminteressierten. Die junge Frau hatte mir, es ist schon ein paar Jahre her, einen sehr spannenden Traum erzählt. Sie wollte natürlich wissen, was dieser bedeutet.

Ein Missverständnis

Offenbar hatte sie mit einer Traumdeutung von mir gerechnet – so ein paar Worte der Erklärung, eine kurze Interpretation, vielleicht etwas Zukunftsweisendes aus der Glaskugel, von dem sie sich hätte angezogen fühlen können. Oder von dem sie sich – still in sich hineinlächelnd – hätte distanzieren können. Ganz nach Belieben.

Was sie offensichtlich nicht wusste: Mit einer solchen Traumdeutung kann und will ich nicht dienen.

Und was mir damals nicht bewusst war, ist, dass die meisten Menschen gar nicht ahnen, dass Traumanalysen, Traumarbeit oder, man kann auch sagen, Traumübersetzungen anders funktionieren als Traumdeutungen.

Die Fragen im Traumgespräch

Bei meinen Angeboten zur Traumarbeit gibt es keine Instantdeutung. Das heißt auch, auf Fragen werde ich nicht verzichten, denn diese sind es, die Licht in den Traum bringen und für Klärung sorgen. Sie gehören für mich einfach dazu.

  • Fragen zum Vortag

    Zum einen geht es bei den Fragen an den Träumer darum, die Situation zu erfassen.
    – Wie geht es ihm? Was hat er am Vortag erlebt? Welche Herausforderungen beschäftigen ihn? Was belastet, was ärgert ihn? Was wünscht er sich?

  • Bewusst Erlebtes hinterfragen, um die Verdichtung zu Traumbildern aufzuspüren und zu klären

    Weiterhin ist es hilfreich, gemeinsam mit dem Träumer herauszufinden, was aus dieser Vorgeschichte zum Traum geführt haben könnte. Ich möchte sogar sagen, dass dies unabdingbar ist, um die Botschaft eines Traumes konkret ergründen zu können.

    Mitunter kann man durch diese Fragen und die Antworten darauf gleich eine Verbindung zwischen dem Alltag oder der Situation des Träumers und der Traumbedeutung konkret oder zumindest näher herstellen. Oft ergibt sich das aber erst im Gesamtverlauf des Gespräches, der Traumanalyse.

    Was fast immer gelingt, ist, zu erkennen, wie bestimmte Traumbilder entstanden sind. Mit anderen Worten, wie das Unbewusste unsere realen Bilder und Situationen nutzt, um etwas für uns ins Bewusstsein zu heben.

    Nehmen wir an, die Träumerin, eine sportliche junge Frau, hat in den Vortagen viel Zeit mit ihrem geliebten kerngesunden und quicklebendigen Pferd auf dem Reitplatz verbracht. Sie selbst fühlt sich aber schlapp und energielos. In der Nacht träumt sie, ihr Pferd hätte dramatische gesundheitliche Probleme, die dringend behandelt werden müssten, das Pferd könne sich kaum noch auf den Beinen halten.

    Hier dürfte es im Traum nicht um ihr Pferd gehen, das krank ist. Sondern das kranke Traumpferd symbolisiert ihren eigenen desolaten Gesundheitszustand, ihr reduziertes Energielevel, das medizinisch abgeklärt werden müsste. Wobei, so legt es der Traum nahe, wohl eine gewissen Dringlichkeit gegeben ist.

    Gerade in solchen Angelegenheiten, bei denen Träumer sich ihre wahre Situation nicht eingestehen können und bei denen sie aus Gewohnheit oder Unsicherheit eine notwendige Klärung schleifen lassen, bringen Fragen im Traumgespräch schnell eine Wendung. Weil auf einmal etwas Wesentliches bewusst wird, verstanden wird. In diesem Beispiel erkannte die Träumerin am Bild ihres leidenden Pferdes, wie schlecht es um sie selbst bestellt war, und dass sie sich dringend um ihre gesundheitlichen Probleme kümmern müsse.

    Hier hat also der Traum das Pferd als Bild gewählt, um der Träumerin etwas bewusst zu machen, das in ihr selbst lag, was sie aber bisher nicht sehen konnte oder noch nicht wahrnehmen wollte.  
    Es wurde dafür nicht irgendein Tier gewählt, auch nicht irgendein Pferd, sondern ihr Pferd, das ihr unglaublich wichtig ist. Weil es, als Botschaft des Traumes, ebenfalls um etwas sehr Wichtiges im Leben der Träumerin ging, um etwas, das der Träumerin genauso wichtig sein sollte, wie es ihr Pferd ist, nämlich um ihre eigene Gesundheit.
  • Tiefergehende Fragen zu bekannten und althergebrachten Traumsymbolen nicht aussparen

    Auch für die in die Tiefe gehende Ergründung der Traumbilder selbst stehen Rückfragen im Vordergrund. Ohne Zweifel hat jeder Traumkundige ein großes Vorwissen über die symbolische Bedeutung häufig vorkommender oder typischer Traumbilder und -symbole. Trotzdem kann es in die Irre führen, wenn diese Deutung nicht mit dem Erfahrungsschatz des Träumers abgeglichen wird.

    So mag eine rote Rose ein wundschönes Symbol für Herzenswärme und Liebe sein. Wenn sich der Träumer allerdings real mal beim Schneiden seiner roten Rosen im Garten eine Dornenverletzung zugezogen hatte, die ihn in der Folge fast die Hand gekostet hätte, so wird wohl eine dramatische Verletzung (in der Liebe) ein springender Punkt des Traumes sein, nicht die Liebe selbst. Doch das muss nicht sein. Es bleibt einfach wichtig, zu erfragen, wie der Träumer dazu steht und welche Bedeutung das Bild für ihn selbst hat.

    So ist nach meiner Meinung jeder Traumkundige angehalten, sein Grundlagenwissen zu den Träumen bzw. zu den symbolischen Bedeutungen individuell mit den Träumern abzuklären.

Fragen als Qualitätsmerkmal der Traumarbeit

Die richtigen Fragen zu stellen, sollte das Kernstück einer guten Traumanalyse sein. Meine beschriebene Herangehensweise, der ich mich verpflichtet fühle, enthält also Fragen an Dich als Träumerin oder Träumer,  zu Deiner persönlichen Situation, Fragen zum Traum an sich und Fragen zu Deinen eigenen Erfahrungen bezüglich der im Traum enthaltenen typischen Bilder, Symbole und Situationen.

Auf diese Weise bist Du beim Traumgespräch direkt einbezogen. Selbstverständlich mit Deinem Traum an sich, aber auch mit Deiner Geschichte „drumherum“, mit Deinen Erfahrungen und mit Deinem aktuellen Befinden. So lernst Du auch Dich im Laufe der Traumgespräche durch die bewusste Ergründung unbewusster Trauminhalte besser zu verstehen und einzuschätzen. Wenn Du Deine Träume zunehmend so wahrnimmst und betrachtest, kennst Du auch die Sprache Deines Unbewussten bald besser und lernst, ihr zu vertrauen. Letztendlich kannst Du Dich dadurch mit den unbewussten Botschaften immer mehr identifizieren, das stärkt Deine Intuition.


Das Traumgespräch, bei dem die kommunikative Verbindung zwischen Träumer und Traumkundigen permanent angestrebt und aufrechterhalten wird, ist das Qualitätsmerkmal meiner Traumarbeit.
Mir geht es um Dich als Mensch hinter dem Traum. Die Traumanalyse oder -übersetzung ist das Vehikel, das dem Aufspüren einer hilfreichen und wegweisenden Botschaft dient. Wichtig aber bist Du als der Mensch, dem die Botschaft gilt.

Bevorzugst du eine schnelle Deutung deiner Träume, zu der Du – außer dem Traum – nichts beitragen musst? Oder kannst Du die Wichtigkeit der Fragen bei der Traumarbeit nachvollziehen und würdest Du Dich im Traumgespräch auf die tiefschürfenden Fragen einlassen?

Schreib mir das gern im Kommentar.

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